"Stärkung des Hauptamtes und Entlastung des ehrenamtlichen Präsidiums"
Montag, 26. Oktober 2020, 16:00 Uhr
Was, warum und wie? Wir haben mit Sandra Schwedler (Aufsichtsratsvorsitzende) und Oke Göttlich (Präsident) über den Satzungsänderungsantrag von Aufsichtsrat und Präsidium zur Mitgliederversammlung 2020 gesprochen, der die Bestellung besonderer Vertreter*innen durch das Präsidium vorsieht. Die beiden sprachen mit uns über die Beweggründe, die zu diesem Änderungsvorschlag geführt haben, und was die Vorteile dieser Änderungen wären.
Hallo Sandra, hallo Oke, wie ist es zu diesem Satzungsänderungsantrag gekommen?
Schwedler: "Wir haben uns in den letzten Jahren die Frage gestellt: Wie können wir den FCSP nachhaltig und zukunftssicher aufstellen? Wir machen aktuell über 50 Millionen Euro Umsatz und die Fragestellung war, wie wir es schaffen, dass der Verein sicher geführt wird, dabei aber gleichzeitig teilweise ehrenamtlich geleitet wird und weiterhin frei bleibt, war sehr präsent."
Was sind die entscheidenden Punkte der Satzungsänderung?
Göttlich: "Wir haben wachsende Umsatzzahlen und mehrere hundert Mitarbeiter*innen. Es ist für ein ehrenamtliches Präsidium sehr schwierig, das Amt als ehrenamtlichen Nebenberuf auszuführen. In diesem Sinne ist es sehr wichtig, dass wir im operativen Bereich Personen im Präsidium haben, die im Alltag mit dabei sind."
Was sind die größten Vorteile?
Göttlich: "Es geht um die Übernahme von Verantwortung und Entscheidungsgeschwindigkeit. Es gibt so viele Entscheidungen in der täglichen Arbeit. Ein ehrenamtliches Präsidium müsste in einem permanenten Austausch mit den operativ handelnden Personen sein, um dann mehrheitlich eine präsidiale Entscheidung zu treffen. Deswegen verlagern wir Teilbereiche und auch Teilvertretungsberechtigungen in das erweiterte Präsidium.
Was erhofft Ihr Euch von dieser Veränderung?
Schwedler: "Wir hoffen, dass das Präsidium auf lange Sicht mehr Zeit hat, seinen eigentlichen originären Vereinsaufgaben nachzukommen und zu schauen, in welche Richtung der Verein sich eigentlich bewegt. Es geht darum, Rahmen und Leitplanken zu setzen und nicht im operativen Tagesgeschäft eingebunden zu sein. Es geht auch darum, dass dieser Job langfristig als Ehrenamt ausgeführt werden kann."
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Das ganze Gespräch findet Ihr hier:
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Was heißt das für FCSP als eingetragener Verein?
Schwedler: "Es gibt ein weiteres Organ in der Satzung. Für den mitgliedergeführten Verein ändert sich erstmal nicht viel. Das Präsidium und der Aufsichtsrat werden weiterhin von den Mitgliedern gewählt. Dadurch haben unsere Mitglieder weiterhin die Möglichkeit, Einfluss auf das tägliche Geschehen des Vereins zu nehmen. Die Mitgliederrechte bleiben gewahrt. Das ist uns sehr wichtig gewesen."
Was ist Euch bei der Entwicklung der Strukturänderung wichtig gewesen?
Göttlich: "Es ist eine Stärkung des Hauptamtes und eine Entlastung des ehrenamtlichen Präsidiums, denn wir brauchen die Power von Hauptamtlichen, die sich im Alltag zu einhundert Prozent um den FC St. Pauli kümmern können. Das sind wichtige Maßnahmen, um im Ehrenamt repräsentative Aufgaben übernehmen zu können. Momentan ist es eine zu große Diskrepanz zwischen der Verantwortung und der Haftung, die im Ehrenamt liegt, und der Entscheidung und der Entscheidungsschnelligkeit, die im operativen Bereich notwendig ist. Daher ist es wirklich überfällig, dass wir uns im Rahmen unserer Leitplanken Gedanken machen. Wir wollen ein mitgliedergeführter Verein sein und personenunabhängig agieren, was durch den Bestellungsvorgang gewährleistet wird. Weiter können wir damit eine noch engere Verzahnung zwischen dem operativen Alltäglichen und dem ehrenamtlichen Präsidium herstellen. Wegen der zeitlichen Entlastung ist es möglich, schneller agieren zu können. Gerade im Kerngeschäft Sport sind oftmals zeitkritische Entscheidungen zu fällen. Außerdem möchten wir unsere operativ tätigen Hauptamtlichen in die Verantwortung nehmen. Diese Verantwortung kommt auch daher, dass sie in ihren Bereichen haftbar sind."
Welche Herausforderungen der aktuellen Zeit im Profifußball machen diese Schritte unausweichlich?
Göttlich: "Der Profifußball entwickelt sich rasend schnell. Wir schlagen diese Satzungsänderungsantrag auch vor, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Dies ergibt sich auch dadurch, dass wir dadurch Menschen für diese Bereiche gewinnen können, die wir sonst nicht bekommen würden. Denn es ist sehr schwer, im sportlichen Bereich Mitarbeiter*innen zu gewinnen, wenn sie nicht auch eine Stimmberechtigung oder auch Entscheidungsverantwortung tragen. Das ist für uns bisher ein Nachteil in der Auswahl von Mitarbeiter*innen."
Vorausgesetzt der Antrag wird angenommen: Wie sähen die nächsten Schritte aus?
Schwedler: "Der erste Schritt wäre die Eintragung der Satzungsänderung. Das dauert seine Zeit. Danach könnten besondere Vertreter*innen bestellt werden. Diese müssten zuerst im Präsidium abgestimmt werden und dann dem Aufsichtsrat zur Zustimmung vorgestellt werden. Wenn der Aufsichtsrat zustimmt, können die besonderen Vertreter*innen als Organ eingetragen werden."
Danke für das Gespräch, Sandra und Oke!
Fotos: Witters