Kiezbeben-Geschichten: In der Clubheimküche
Sonntag, 30. Juni 2019, 09:00 Uhr
Auf über 600 Quadratmetern erzählt die große Ausstellung KIEZBEBEN im FC St. Pauli-Museum in der Gegengerade, wie der FC St. Pauli wurde, was er heute ist: „Die zweite Geburt des FC St. Pauli“, so der Untertitel der Ausstellung. Aufwändig inszeniert und recherchiert, lässt sie ihre BesucherInnen braun-weiße Geschichte und Geschichten neu erleben – mit etlichen Original-Ausstellungsstücken, in Film, Foto und Text. Einige der schönsten KIEZBEBEN-Stories erzählen wir hier auf fcstpauli.com. Diesmal geht es hinter die Kulissen des KIEZBEBENs – in den ersten VIP-Raum der Vereinsgeschichte: die Küche des alten Clubheims...
Die Küche im Clubheim spielte lange Zeit eine besondere Rolle beim FC St. Pauli. Mangels Alternativen ist sie der Zufluchtsort der Spieler, wenn ihnen die Volksnähe im überfüllten Clubheim doch einmal zu viel wurde. In dem nur zwölf Quadratmeter kleinen Kabuff machten es sich die Fußballprofis auf Getränkekisten und Kartoffelsäcken bequem – wie das aussah? Seht Ihr im Foto oben, oder natürlich in der KIEZBEBEN-Ausstellung, wo Ihr Euch im Bereich „Clubheimküche“ selbst so hinsetzen könnt, wie es die Spieler damals taten.
„Um in die Kabine zu gehen, musstest du als Spieler ja durchs Clubhaus“, erinnert sich Klaus Ottens. „Du hattest ständig Kontakt mit den Fans – vorm Spiel, in der Halbzeit, nach dem Spiel. Bist du im Ligaraum warst, hast du ja erstmal 3 bis 4 Bierduschen gehabt. Und dann gab es ja die Küchenclique – das war dann unser ‚VIP-Raum‘, und da haben wir nach dem Spiel unsere Bierchen getrunken.“
„Walter Frosch: Vorm Spiel – Spiegeleier, Zigarette und ein Pils“, erinnert sich die langjährige Clubheim-Wirtin Brigitte Meyer an einen der legendärsten Spieler der „Vorbeben“-Zeit (natürlich auch in der Ausstellung präsent). Und auch das eine oder andere Malheur passierte: „Bayern musste zu uns. Alle ganz aufgeregt, alles frisch gestrichen, es stank nach Farbe. Und dann sind sie da, und ich denk, was machen die Spieler denn – alle mit Trikots in ihrem Bus und nicht unten? Plötzlich kommt mir einer entgegen: ‚Brigitte, dein Klo läuft über‘. Und so war’s. Unten in der Kabine lief die ganze Sch... die frisch gestrichenen Wände runter... Tja, hab ich gedacht – wir ‚Asozialen‘ bei St. Pauli. Da knallt natürlich, wenn Bayern spielt, auch mal ein Rohr mit Kacke durch...“
Ob das Malheur dazu beitrug, dass die St. Paulianer ein achtbares 0:0 gegen die auf dem Papier haushoch überlegenen Bajuwaren erspielten? Auf jeden Fall wurde das Ergebnis gefeiert. Und wo? Im Clubheim – und seiner Küche.
Als über die Jahre immer mehr Fans Wind von der Sache bekamen, wurde es in der Küche allmählich zu eng. Das Feiern ließen sich die Kicker freilich nicht verbieten – der Kiez bot Alternativen genug.
„Auf dem Platz waren wir Vollprofis“, so der damalige Mannschaftskapitän Jürgen Gronau. „Aber danach haben wir uns manchmal benommen wie eine Thekenmannschaft.“ Allerdings: „Das ging nach dem Motto: Wer feiern kann, kann auch arbeiten. Ab Mittwoch haben wir uns wieder aufs Fußballspielen konzentriert …“
Wollt Ihr mehr verrückte Geschichten aus dem Backstagebereich des KIEZBEBENs hören – in Wort, Bild und Ton, von den Menschen, die das Beben damals ausgelöst haben? Dann nichts wie hin ins FC St. Pauli-Museum!
KIEZBEBEN. Immer Mittwoch und Freitag von 12 bis 20 Uhr, Donnerstag von 12 bis 22 Uhr (KIEZBEBEN-Nächte) sowie Sonnabend und Sonntag von 11 bis 19 Uhr im FC St. Pauli-Museum (Heiligengeistfeld 1). Hin da, es lohnt sich!
Mehr Infos:
Text: 1910 e.V.
Fotos: Archiv 1910 e.V. / Sammlung Brosig im Archiv 1910 e.V. / Sabrina Adeline Nagel