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Arbeiterfußball-Ausstellung: Das Geheimnis der Tarnschrift

Vor einer möglichen Corona-Pause ist die Ausstellung "Der andere Fußball. 100 Jahre Arbeiterfußball – 125 Jahre Arbeitersport" noch bis mindestens Sonntag (1.11.) im FC St. Pauli-Museum in der Gegengerade des Millerntor-Stadions zu sehen. Und das lohnt sich. Denn neben spannenden Hintergründen über ein heute fast vergessenes Sport-Universum zeigt die Ausstellung über 50 Originalobjekte aus der Blütezeit des Arbeiterfußballs und dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus.

"Ich bin überwältigt", so Ewald Lienen, Technischer Direktor des FC St. Pauli und Schirmherr des Bildungsprojekts BAM! Bildung am Millerntor, bei einem Vorab-Besuch am Mittwoch (21.10.): "Für mich ist es beeindruckend zu sehen, wie der Arbeitersport traditionell, vor über 100 Jahren, Werte verkörpert hat, die heute für uns genauso wichtig sind." (Ewald Lienens Einführung zur Ausstellung auf Youtube: KLICK!)

Als Schirmherr von BAM! Bildung am Millerntor führte Ewald Lienen in die Ausstellung ein. Sein Beitrag ist auf dem Youtube-Kanal von 1910 – Museum für den FC St. Pauli e.V. zu sehen.

Als Schirmherr von BAM! Bildung am Millerntor führte Ewald Lienen in die Ausstellung ein. Sein Beitrag ist auf dem Youtube-Kanal von 1910 – Museum für den FC St. Pauli e.V. zu sehen.

Einer dieser Werte ist der Antifaschismus. "Kein Fußball den Faschisten" - so steht es in riesigen Lettern auf der Gegengerade. Die Arbeitersportler*innen des frühen 20. Jahrhunderts hätten diesen Satz bedingungslos unterschrieben. Eine Überzeugung, für die nicht wenige von ihnen mit ihrem Leben bezahlen mussten. Denn nachdem Adolf Hitler 1933 zum Reichskanzler ernannt wurde, verbot er den Arbeitersport. Viele Aktive wurden verfolgt, verhaftet und umgebracht.

Dennoch ging der Widerstand im Untergrund weiter. Und das oft auf erfinderische Art und Weise. Eins von über 50 Original-Objekten in der Ausstellung zeigt dies eindrucksvoll: Es ist eine Tarnschrift, die über acht Jahrzehnte überdauert hat und nun im FC St. Pauli-Museum im Original zu sehen ist.

Tarnschrift von 1937 (rechts) neben Mitgliederbüchern von Arbeitersportlern im FC St. Pauli-Museum in der Gegengerade.

Tarnschrift von 1937 (rechts) neben Mitgliederbüchern von Arbeitersportlern im FC St. Pauli-Museum in der Gegengerade.

Auf dem Foto ist die Tarnschrift zu sehen – neben Mitgliederbüchern, die das Verbot der Arbeitersportbewegung sichtbar machen: Monat für Monat, Quartal für Quartal, Jahr für Jahr sind die Wertmarken als Beleg der bezahlten Vereins- und Bundesbeiträge eingeklebt. Doch dann hören die Einträge plötzlich auf: im ersten Quartal 1933.  

Die ausgestellte Tarnschrift aus dem März 1937 (Vorderseite: Original, Innen- und Rückseite: Replika 1910 e.V.) berichtet unter dem bewusst doppeldeutigen Titel "Wer wird siegen?" zum Schein von einem "Fußball-Länderkampf". Herausgegeben wurde sie von der (im Untergrund arbeitenden) KPD-Abschnittsleitung West, gedruckt in Amsterdam und verbreitet im Rhein-Ruhrgebiet. Im Inneren der vermeintlichen Sportzeitung verbirgt sich ein Manifest gegen die nationalsozialistischen Machthaber. Ein Zitat daraus:

"Die nationalsozialistischen Führer haben dem deutschen Volke viel, ja sehr viel versprochen. Dass nichts von all diesen Versprechungen gehalten wurde, hat tiefe Unzufriedenheit in den grossen Massen des deutschen Volkes hervorgerufen."

Zwei Ausstellungen – ein Ticket: Neben der Dauerausstellung KIEZBEBEN ist aktuell im FC St. Pauli-Museum auch die Sonderausstellung "Arbeiterfußball" zu sehen.

Zwei Ausstellungen – ein Ticket: Neben der Dauerausstellung KIEZBEBEN ist aktuell im FC St. Pauli-Museum auch die Sonderausstellung "Arbeiterfußball" zu sehen.

Originalobjekte wie diese sind auch für die Teilnehmer*innen des Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten interessant, den BAM! und 1910 e.V. als Trägerverein des FC St. Pauli-Museums unterstützen. Der Geschichtswettbewerb wird seit 1973 von der Hamburger Körber-Stiftung ausgerichtet und findet in diesem Jahr zum 27. Mal statt.

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"Der andere Fußball. 100 Jahre Arbeiterfußball – 125 Jahre Arbeitersport" ist an allen Öffnungstagen des FC St. Pauli-Museums am Millerntor zu sehen. Die Öffnungszeiten bis Sonntag (1.11.):

  • Donnerstag (29.10.): von 15 bis 22 Uhr
  • Freitag (30.10.): von 15 bis 19 Uhr
  • Sonnabend (31.10.) + Sonntag (1.11.): jeweils von 11 bis 19 Uhr

Weitere Infos und Öffnungszeiten werden auf der Website des Museums bekanntgegeben: www.fcstpauli-museum.de

 

Text: 1910 e.V.

Fotos: Sönke Goldbeck, Paderborner Kreis – Arbeiterfußball e.V.

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